12 GESCHÄFTSBERICHT 2014Deutsche EuroShop SHOPPING Das Brötchen-Komplott K atja Lüders* steht bla- miert an der Theke. Je- den Sonntag joggt die alerte Berlinerin zu ih- rem Hausbäcker im Arkona-Kiez an der Grenze der Stadtteile Mitte und Prenzlauer Berg. Wie immer bestellt sie für ihre Familie Backwaren und wie immer hat sie einen Fünf-Euro- Schein dabei. Doch dieses Mal reicht der Grüne nicht. „5,20 Euro“, hört sie die Verkäuferin sagen – schon wieder sind ihre Vollkornbrötchen teurer geworden. Stolze 10% kos- tet ihre übliche Bäckerrunde mehr. Die Ende Juni 2014 veröffentlichten Inflationszahlen kommen Lüders wie Hohn vor. Im Juni betrug die Teuerung 1 % im Mai war es so- gar noch weniger: Mit 0,9% lag die Inflation so niedrig wie seit 2010 nicht mehr. Monat für Monat verkündet das Statistische Bundesamt die Verände- rung des Verbraucherpreisindexes, im Volksmund Inflation genannt. Seit Monaten ist die offizielle Infla- tionszahl unglaublich niedrig, so niedrig, dass im Grunde von einem Stillstand der Preise, nicht einer Auf- blähung (so die ursprüngliche Be- deutung des lateinischen „inflatio“) die Rede sein müsste. Doch die Alltagserfahrung vie- ler Menschen sieht genauso aus wie im Fall von Katja Lüders. Stillstand an der Preisfront? Von wegen! Nicht nur in der Bäckerei, auch in der Gast- stätte ist die gefühlte Inflation be- stimmt fünfmal so hoch wie der of- fiziell ausgewiesene Durchschnitt. Inflation sehen Konsumenten auch an der Ladentheke. Milchprodukte wie Schnittkäse und Quark haben sich spürbar verteuert. Teilweise ha- ben die Preise hier seit Mitte 2013 zweistellig angezogen. Auch wer ein Haus baut oder die Wohnung mo- dernisiert, sieht sich mit ganz ande- ren Kostensteigerungen konfrontiert als 1,0%. „Die Zusammensetzung des Warenkorbes entspricht nicht der gefühlten Preisentwicklung der Ver- braucher. Ein typisches Beispiel sind Backwaren, die teilweise mit Regel- mäßigkeit seit Jahren fast zweistel- lige Anstiege zu verzeichnen haben“, sagt Manfred Rath, Portfoliomanager bei der KSW Vermögensverwaltung in Nürnberg. Dem Verbraucher falle das auf, er werde ja fast täglich damit konfrontiert. „Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes streuen den Ver- ein Politikum ist. Die Dynamik der Verbraucherpreise liegt zahlreichen volkswirtschaftlichen und betriebs- wirtschaftlichen Entscheidungen zu- grunde. Auch für die privaten Finan- zen ist sie von immenser Bedeutung: Für die Rente und die Geldanlage macht es einen großen Unterschied, ob der Kaufkraftverlust bei einem Prozent liegt, bei drei oder bei fünf. Es gibt gute Gründe, warum sich viele Bundesbürger in den offiziellen Inflationsdaten nicht wiederfinden. Rund 300.000 Preise rechnet das Statistische Bundesamt zwar je- den Monat zusammen. Doch ange- sichts der riesigen Zahl der Preise in Deutschland, es muss sich um Milli- arden handeln, kann das bestenfalls eine Stichprobe sein. „Es gibt in Deutschland nicht einen Haushalt, der sich so verhält, wie wir es in unserem Wägungssche- ma abbilden“, erklärt Nadin Sewald, brauchern professionell Sand in die Augen“, schimpft auch Vermö- gensverwalter Lothar Koch. Die Zu- sammensetzung des Warenkorbs verharmlose die tatsächliche Preis- entwicklung in der Bundesrepublik: „Die Vorgehensweise der Statistiker ist Augenwischerei.“ Manche unken sogar, es gebe eine Verschwörung, die die Bürger im Unklaren darüber lassen wolle, wie schlimm das Aus- maß der Geldentwertung wirklich ist. Die Diskrepanz zwischen per- sönlichem Erleben und offiziellen Zahlen ist nicht ohne, und das nicht nur, weil Inflation in Deutschland Offiziell ist die Inflation so niedrig wie seit Jahren nicht. Die gefühlte Teuerung liegt für viele allerdings deutlich höher. » Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes streuen den Verbrauchern professionell Sand in die Augen. Zahlen mit Effet 67% Anteil der Deutschen, die fehlende Warteschlan- gen als größten Vorteil beim Online-Shopping gegenüber traditionellen Geschäften empfinden (Quelle: Symphony EYC) 156 Std. Jährlicher Zeitverlust deutscher PC-Nutzer durch lange Wartezeiten (Quelle: SanDisk) 2.500 Ungefähre Anzahl der Ladengeschäfte, die Online-Händler in den nächsten fünf Jahren in Deutschland eröffnen werden (Quelle: IFH Institut für Handelsforschung)