7GESCHÄFTSBERICHT 2014 Deutsche EuroShop SHOPPING nur Schnäppchenjäger ansprechen. Es geht auch, manche würden sagen vor allem, um bes- seren Service. Als Beispiel dient ein Griff in die Klischee-Kiste: Männer müssen auf ihre Frauen bei der Anprobe von Schuhen oder Bekleidung warten. Währenddessen schauen die Herren gelangweilt auf ihr Smartphone. Mit einem Bea- con könnte der Händler den Wartenden Musik, Filme oder Magazine anbieten, damit es nicht langweilig wird, und die Männer ihre Frauen nicht zum Weitergehen animieren. Sobald der Nutzer die Reichweite des Beacons verlassen hat, endet auch die Medienwiedergabe. Die Kunden nicht anschreien Wie bei vielen neuen Techniken, kommt es an- fänglich zu Übertreibungen. Wenn jeder Händ- ler in einem Einkaufszentrum Beacons einsetzt und Sonderangebote verbreitet, dann vibriert das Smartphone vor jedem Schaufenster. Der Kunde bekommt das Gefühl, „angeschrien“ zu werden und wendet sich ab. „Wir müssen vom Push- zum Pull-Marketing kommen“, sagt Torsten Jensen. Mit seinem Unternehmen Asandoo berät er Handelsunternehmen bei der Umsetzung ihrer Beacon-Strategie. Im Ideal- fall öffnet der Kunde die Mall-App und ruft selber ab, welche Angebote es heute gibt bzw. wo er ein gesuchtes Produkt findet. Natürlich spricht nichts dagegen, den technischen Spiel- trieb der Smartphone-Nutzer zu wecken. Der Kunde muss den Weg zu einem bestimmten Produkt finden und den Barcode auf der Verpa- ckung scannen, um Punkte oder einen Rabatt zu erhalten. Der Vorteil: Der Interessent muss das Produkt zum Scannen in die Hand nehmen und sich damit auseinandersetzen. Ob das funktioniert, wird sich in der Pra- xis zeigen. Die eine, richtige Anwendung für Beacons gibt es nicht. Die Technologie lässt Raum für die Kreativität der Marketing-Pro- fis. Bleibt nur noch ein kleines Hindernis – der Name. „Wir empfehlen unseren Kunden, auf das Wort Beacon zu verzichten. Das verwirrt die meisten Verbraucher nur“, sagt Jensen. Mit WLAN, App und Bluetooth gibt es genug tech- nische Anglizismen in der deutschen Sprache. Wenn die Mall-App nun noch eine Freigabe für „Beacons“ erbittet, dürften viele Anwender diese aus Scheu oder Unwissen verweigern. Wie die Technologie heißt, kann dem Nutzer egal sein, ihm muss man deutlich machen, wel- che Vorteile er bekommt: individuelle Angebo- te, Rabatte, Unterhaltung oder einfach mehr Bequemlichkeit. Dann ist der Druck auf die O.K.-Taste bei der App-Freigabe nur noch ein kleiner Schritt. C Ein beliebtes und bereits etabliertes Angebot der Future-Labs ist das 3D- Wegeleitsystem. Alles was dem Kunden einen Nutzen bringt und das Shopping-Erlebnis steigert, wird heute wie in Zukunft unverzichtbar sein. Center-Navi- gationssystem Click & Collect Neben einer Suchfunktion für Shops und einzelne Produktgruppen auf einem gro- ßen Touchscreen bietet das System zusätzlich die Möglichkeit, sich den Weg zu den jeweils gesuchten Shops als 3D-Grafik auf dem ei- genen Smartphone anzeigen zu lassen. Die- ser Service soll zukünftig in Form einer mit Google Maps verknüpften Indoor-Navigation erweitert werden. Sie wird punktgenau den Aufenthaltsort des Nutzers anzeigen und die Orientierung im Shoppingcenter wesentlich vereinfachen. Auch die Center-Grundrisse inklusive der Shop-Informationen werden sukzessive zu Google Maps hinzugefügt. Ex- perimente mit sogenannten iBeacons laufen ebenfalls. Hier handelt es sich um kleine, im Center verteilte Sender, die das System (ähn- lich wie Satelliten beim GPS) benötigt, um den Standort der Nutzer zu orten, was aufgrund der geschlossenen Gebäudestruktur und aufgrund verschiedener Stockwerke mit herkömmlichen Signalen – wie sie von Google Maps genutzt werden – teilweise nicht möglich ist. Mithilfe von iBeacons können sich die Centerbesucher orten und bequem zu ihren Wunschzielen navigieren lassen. C Dazu könnte auch der neue Service gehören, den die ECE gerade testet: Mit dem soge- nannten „Click & Collect“ über die Love to Shop-App können Produkte dann nicht nur an- gesehen, sondern auch sofort gekauft und be- zahlt werden. Die Ware kann noch am gleichen Tag oder später im jeweiligen Shop im Center abgeholt werden. Damit ist es erstmals mit ei- ner App möglich, rund um die Uhr in Shop- pingcentern einzukaufen. Mehr als 40 Mie- terpartner nehmen an diesem Pilotprojekt teil, darunter Konzepte wie Bang & Olufsen, Lloyd, Napapijri, Saturn, WMF oder Wolford. Die Komplexität dabei lag in der zuvor fehlen- den Vernetzung der Warenwirtschaftssyste- me der Händler. Durch den Einsatz eines iPad- Warenwirtschafts- und Kassensystems für die Retailer werden die Warenbestände der teil- nehmenden Shops in Echtzeit in den ECE- Apps angezeigt. Der Zahlungsprozess über die App wurde in Kooperation mit PayPal realisiert. C D ie „Love to shop“-App gehört neben dem Ausbau des WLAN-Netzes zu den ersten Angeboten, die nach einem erfolgreichen Test in den zwei „Fu- ture Labs“ der ECE nun ihren Weg in zahlreiche weitere Center finden. Im Alstertal-Einkaufszentrum Ham- burg und im Limbecker Platz Essen hatten während der Test- phase bereits 25.000 Besucher die App heruntergeladen und intensiv genutzt. Auch die Händler zeigen starkes Interesse an der App. Über 250 Mieterpartner haben das Medium bereits genutzt, um ihre Angebote zu platzieren. Bis Ende 2014 wurden bereits rund 30 Shoppingcenter der ECE mit der individualisierbaren App versorgt, darun- ter einige Center aus dem Portfolio der Deutsche EuroShop wie das Allee-Center Magdeburg, die Altmarkt-Galerie Dres- den, die City-Arkaden Wuppertal, das Main-Taunus-Zentrum oder das Rhein-Neckar-Zentrum. Die App ist für iPhones und Android-Smartphones in den App-Stores kostenlos unter dem Namen „Love to shop“ verfügbar. Die Centerbesucher erhalten durch die App auf ihre per- sönlichen Bedürfnisse zugeschnittene Angebote der Händler sowie Informationen zu Rabatt-Aktionen, Veranstaltungen, News und Service-Angeboten im Center. Mit der App erhält der Kunde nur Angebote von Sortimenten, die ihn speziell in- teressieren. Das sogenannte Geo-Fencing sorgt dafür, dass die Informationen nur dann aktiv auf dem Smartphone erschei- nen, wenn der Kunde sich in der Nähe des Centers aufhält. Die Nutzung der App zahlt sich für den Kunden gleich doppelt aus: Neben dem Informationsgewinn kann er durch die interaktive Nutzung Punkte sammeln, die in Form von Centergutscheinen in den Einkaufszentren eingelöst wer- den können. Punkte gibt es unter anderem für das Teilen von Angeboten in sozialen Netzwerken oder für die Angabe von Geschlecht, Alter und persönlichen In- teressen, damit nur die interessanten Angebote den Weg aufs Smartphone finden. Dies erfolgt vollständig anony- misiert und freiwillig, es werden keine personenbezogenen Daten erhoben. Die in den USA meistgenutzte Shopping-App „Shopkick“ soll auch in Deutschland etabliert werden. Seit dem deutschen Launch im Oktober 2014 luden mehr als 530.000 Nutzer (Stand 13. Januar 2015) die App her- unter, sehr zur Freude der Partnerfili- alen. Shopkick belohnt seine Nutzer beim Besuch eines Partnergeschäfts, dem sogenannten Walk-in, mit Bo- nuspunkten (Kicks). Vor allem die Berliner fanden Ge- fallen an Shopkick als mobilem Be- gleiter bei den Weihnachtseinkäufen und generierten die meisten Walk-ins, dicht gefolgt von den Hamburgern und Münchnern. Durch Walk-ins gesam- melte Kicks können später für Prämi- en eingelöst werden. Im Dezember 2014 waren Gutscheine von Douglas, iTunes, MediaMarkt und Saturn be- liebt. 2015 will sich das kalifornische Unternehmen Shopkick weiterhin auf den erfolgreichen Ausbau seines Netz- werkes mit Partnern aus Einzelhandel und Markenindustrie konzentrieren. C Einkaufen – nicht ohne meine App Links Love to Shop www.app-love-to-shop.de Shopkick www.shopkick.de » Niemand möchte mit der Technologie nur Schnäpp- chenjäger ansprechen. Wie funktionieren Beacons? Beacons (zu Deutsch: Leuchtfeuer) sind kleine Sender. Sie haben ungefähr die Größe einer Zigarettenschachtel und funktionieren mit einer Knopfzellen-Batterie. Von da- her kann ein Beacon überall mit einem Klebestreifen angebracht werden. Nur für einen BatteriewechselmussderSendererreichbarsein.DasSignaldes„Leuchtfeuers“basiert auf dem Standard Bluetooth Low Energie (Version 4.0). Den energiesparenden Da- tenfunk unterstützen inzwischen fast alle gängigen Smartphone- und Tablet-Modelle. Bluetooth ist für eine Datenübertragung im näheren Umfeld ausgelegt, die Nut- zer kennen das von Kopfhörern, Tastaturen und der Freisprecheinrichtung im Auto. Im Abstand von Millisekunden sendet ein Beacon sein „Hallo, hier bin ich“-Signal. Befindet sich ein Smartphone mit entsprechender, aktivierter App in Reichweite, erhält der Kunde eine Nachricht. Der Text liegt nicht im Beacon, denn der verfügt über keinen Speicher. Die Begrüßung oder das Rabatt-Angebot sind entweder in der App hinterlegt oder werden über die Internetverbindung des Smartphones abgeru- fen. Möchte der Betreiber des Ladens möglichst aktuelle Informationen, eventuell in Abhängigkeit der Tageszeit, übermitteln, benötigt der Kunde entsprechenden Mobilfunkempfang oder eine WLAN-Verbindung. C In Amerika schon lang genutzt, halten Shopping-Apps jetzt auch in Deutschland erfolgreichen Einzug. Was können die beiden bedeutendsten Apps? von Dirk Kunde