Schatten im neuen Einkaufsparadies Nicht alles, was Paketboten mit sich bringen, gibt Anlass zum Glücksschrei. Die Kehrseiten des Bestellbooms im Internet. Shoppen auf dem Sofa ist das moderne Schlaraffenland: Mit wenigen Klicks und etwas Warten wuchten Paketboten jede gewünschte Ware ins Wohnzimmer. Während traditio- nelle Kaufleute noch grübeln, ob sich im Netz überhaupt Geld verdienen lässt, nimmt das Umsatzwachstum der digitalen Vertriebskanäle Fahrt auf. Einer Statistik zufolge knackte es 2013 bereits die 10%-Hürde des deutschen Gesamthandels- volumens. Und mit Wachstumsprognosen von bis zu 23% herrscht Aufbruchsstimmung im Digitalhandel. Doch mit der Bestellflut ziehen auch dunkle Wolken auf. „Schrei vor Glück oder schick’s zurück!“, denken sich Internetshopper er- staunlich oft. Eine Milliarde Päck- chen mit Onlinewaren rollen jährlich durch die Republik, bald jedes dritte davon sieht der Händler wieder, errechnete die Retourenfor- schung der Universität Bamberg. „Bei einer Paketlänge von 40 cm könnte man mit den 286 Mio. Rücksendungen den 40.000-km-Erd- umfang 2,9-mal umrunden“, veranschaulicht Björn Asdecker vom Logistiklehrstuhl Bam- berg die gigantische Menge. Differenziert nach Branchen findet jedes zweite Fashion-, jede fünfte Elektronik- und jedes zehnte Buchpäckchen seinen Weg zurück zum Ab- sender. Was diese Durchschnittswerte verschleiern: Bei Geschenkartikeln sind die Rücksendungen im einstelligen Prozentbereich, beim modischen Frauenfummel liegen sie auch schon mal bei 80%. Ungehemmte Bestellwut, die zuweilen eigenwillige Kon- sum-Stilblüten treibt: Im angebrochenen Zeitalter der Sharing-Economy ist klug, wer nutzt, statt zu besitzen.Vor diesem Trend sind Netzhändler nicht gefeit. Das perfekte Dirndl wird pünktlich zum Oktoberfest oder das kleine Schwarze zum Empfang geordert und tags darauf zurück- gesendet. Über konstatierte Bestelllawinen holen sich Teenager-Cliquen den Modelaufsteg für einige Stunden ins heimische Wohnzimmer. Ein ähnliches Ärgernis sind Spaßkäufer: fünf Geräte zum Handy-Launch bestellt, doch nur das, was zuerst eintrifft, wird behalten. In der Bam- berger Studie gibt fast jeder Fünfte (18,6%) der 538 Be- fragten unter 30 Jahren zu,Widerrufsrechte schon einmal zu eigenen Gunsten ausgenutzt zu haben. Eine Zeche, die der Händler zahlt. Zwischen 5 und 17€ muss er für Retou- renbearbeitung, Porto und Warenaufbereiten verknusen. Dabei gilt, je kleiner der Netzshop und geringer das Paket- aufkommen, desto teurer wird der Spaß. Berücksichtigt man dann noch, dass jede zehnte Retoure nicht mehr als Neuware anzubieten oder gar unverkäuflich ist, drängen sich schon Zweifel an der Ertragsfähigkeit derlei Geschäfts- modelle auf. N Müheloser Konsum im Netz kostet die Händler viel Mühe. Noch unbewiesen ist, ob sich Geschäftsmodelle in Bran- chen mit hohen Retourenquoten überhaupt rechnen. DEUTSCHEEUROSHOPGESCHÄFTSBERICHT2013/SHOPPING 020 S