SHOPPING Ein Phänomen, das als Endowment-Effekt (Besitztums- effekt) bezeichnet wird. Anfassen löst Besitzgefühle aus, was wiederum zu höherer Wertschätzung führt. Die Erforschung dieses Musters zählte zu den ausschlag- gebenden Faktoren, Daniel Kahneman – als bisher ein- zigem Psychologen – 2002 den Wirtschaftsnobelpreis zu verleihen. Seitdem gilt als eine der Kernerkenntnisse für Verkauf und Marketing: Was wir berühren dürfen, weckt unbewusst Besitz- und damit Kaufwünsche, wie beispiels- weise ein schlichtes psychologisches Experiment im Supermarkt belegte. An einem Obststand wurde ein Schild mit der Auf- forderung „Fühlen Sie die Frische“ aufgestellt. Mehr Kunden berührten daraufhin die angebotenen Orangen und die Spontankaufquote der Früchte erhöhte sich um beein- druckende 40%. Einschlägige Studien weisen zwar darauf hin, dass das Berührungsbedürfnis der Menschen unterschiedlich ausgeprägt ist. Kunden mit einem hohen NFT – Need for Touch – brauchen Berührungen nicht nur zur Qualitäts- prüfung, sondern haben Freude am haptischen Erleb- nis an sich und sind deshalb auch für mehr Lust- bzw. Spontankäufe prädestiniert. Der hohe Informationsgehalt des Tastsinns motiviert allerdings auch Menschen mit niedrigem NFT. Die Basis bildet die früh verankerte und unbewusst stets abrufbare Erfahrung: Was sich gut anfühlt, ist auch gut! So bewerteten die Kandidaten einer Studie das glei- che Wasser als qualitativ hochwertiger, wenn es in einer stabilen PET- statt in einer dünnwandigen Plastikflasche serviert wurde. Die überzeugende Haptik erhöhte zudem die Zahlungsbereitschaft. Spürbarer Einfluss Auch die unbewusst mit einer Objektberührung verknüpf- ten Assoziationen wurden in verschiedenen Studien be- legt. Beispielsweise indem man Testteilnehmern fingierte Spendenbittbriefe für den Waldschutz mit unterschied- lichen Zugaben präsentierte. Einen der Briefe zierte eine Feder (positives Berührungserlebnis), ein anderer war mit einem Stückchen Baumrinde (neutraler Stimulus) versehen. Die taktil angenehmen sowie passenden Be- rührungserlebnisse beeinflussten die Empfänger posi- tiv – sprich machte sie geneigter zu spenden. Die Forscher kamen nach weiteren Tests zu dem Schluss, dass hapti- sche Objekte, die ein positives oder neutrales sensorisches Feedback erzeugen, größere Wertschätzung erfahren, indem sie sowohl psychologisch vorab in Besitz genom- men werden als auch die emotionale Reaktion positiv verstärken. Mittlerweile untermauern zahlreiche wissenschaft- liche Experimente, wie haptische Eindrücke implizit die Gesamtwahrnehmung beeinflussen. Beispielsweise führen harte Stühle auch zu unnachgiebigen Verhandlungen. Be- werbungsunterlagen auf einem schweren Clipboard haben im wahrsten Sinne des Wortes mehr Gewicht als die des Mitbewerbers auf einem leichten Klemmbrett. „Nichts überzeugt mehr als die Möglichkeit zur Berührung.“ 24 Deutsche EuroShop AG Geschäftsbericht 2015 Anfassen löst Besitzgefühle aus, was wiederum zu einer höheren Wertschätzung führt.